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Thorandt und van Nistelrooy |
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Mit Spannung auf beiden Seiten wurde das Lokalderby zwischen dem FC St. Pauli und dem Hamburger SV erwartet. Zum ersten Mal fungierten die Braun-Weißen als Gastgeber im eigenen Stadion am Millerntor. 24360 Besucher hatten sich eingefunden: ausverkauft! Dass vor und während des Spiels kein Alkohol ausgeschenkt wurde, tat der Stimmung überhaupt keinen Abbruch. Sowohl die sogenannten "Ultras" (besonders eifrige Anhänger des Kiezclubs) hatten sich für diesen besonderen Spieltag Aktionen und Choreographien überlegt, um ihren Verein maximal zu unterstützen. Es gab Luftballons in den Vereinsfarben, riesige Fahnen, neue und altbekannte Banner und immer wieder Plakate mit kleinen verbalen Spitzen gegen die Gäste aus dem Volkspark. Und auch die "Supporters" des HSV hatten nicht nur zahlreiche Fahnen in Vereinsfarben dabei, sondern auch neue und altbewährte Fangesänge, mit denen sie ihr Team anfeuerten. Etwa 2000 Fans des HSV waren zum Auswärtsspiel in der eigenen Stadt mit Bahn, Auto, Fahrrad oder sogar zu Fuß angereist. Im Vorfeld gab es kleinere Zwischenfälle auf der Reeperbahn, wo sich Fans beider Mannschaften plötzlich gegenüber standen, doch eingekesselt von der Hamburger Reiterstaffel konnten ernstere Zusammentreffen verhindert werden. Außerhalb des Stadions warteten die Anhänger der Vereine geduldig darauf, eingelassen zu werden, nicht wenige versuchten noch im allerletzten Moment ein Ticket für diese begehrte Partie zu ergattern - doch in den meisten Fällen vergeblich. Im Stadion selbst trug sich die Rivalität der Fußballclubs zwischen den Fans zunächst ausschließlich durch das Skandieren der eigenen Fangesänge aus. Die Anhänger des Hamburger SV entrollten ein den gesamten Gästeblock bedeckendes Plakat aus, absichtlich verkehrt herum, um zu symbolisieren, dass Hamburg Kopf stehe. Diese Symbolik wurde von den braun-weißen Fans nicht auf Anhieb verstanden, als Irrtum angesehen und daher nur belächelt. In der zweiten Halbzeit zündeten Fans des Hamburger Sportvereins in ihrem eigenen Block Fahnen der Ultras an, die zuvor entwendet worden waren. Vermutlich eine "Racheaktion", stachelten sich doch beide Extrem-Fan-Gruppen ununterbrochen gegenseitig an. Zu Schaden kam dank der umfassenden Präsens der Ordner und der sofortige Einsatz der Feuerwehr niemand, doch der Stadion-Sprecher wies erneut darauf hin, dass man nur dem eigenen Verein schade, nicht den anderen. Aber auch die FC St. Pauli Fans verzichteten nicht auf Provokationen und schlugen teilweise über die Stränge. Es wurden am Gästeblock angebrachte Zaunfahnen beschädigt und die über die Feldstraße abmarschierenden HSV Fans mit Bierduschen vom Straßenrand und entblößten Hinterteilen vom Bunker bedacht. Auch auf dem Spielfeld wurde es in der zweiten Halbzeit erst so richtig heiß. Holger Stanislawski setzte in der 74. Minute zum ersten Mal den Neuzugang Gerald Asamoah bei einem Punktspiel ein und der wurde frenetisch von den Fans begrüßt. Eine Einwechslung, die schon nach drei Minuten Früchte trug, Asamoah passte auf Boll, der schoß und traf! Der Hexenkessel begann zu brodeln - Gänsehaut bei jedem einzelnen St. Pauli - Fan. Das erste Tor in dieser Partie ging an die Freibeuter der Liga, alle Braun-Weißen lagen sich selig und Freudentränen vergießend in den Armen. Sollte dies der historische zweite Sieg nach 33 Jahren gegen den Stadtrivalen werden? Boll küsste das St. Pauli Emblem - eine Geste die von vielen Spielern ausgeübt wird, aber bei kaum einen so ehrlich zu verstehen ist. Fabian Boll, der den langen Weg von der Regionalliga bis zur Bundesliga mit dem FC St. Pauli gegangen ist, schießt das erste Tor des Lokalderbys im eigenen Stadion; wäre es der Siegtreffer gewesen, es wäre wohl zu einem "Moment für die Ewigkeit" für jeden FC-Anhänger geworden.
In den Reihen der FC St. Pauli-Fans hoffte und bangte man, ob dieser Vorsprung noch eine Viertelstunde gehalten werden könne. Doch plötzlich ging es ganz schnell: Ein langer Ball vom solide spielenden Rincon, der kurzfristig Guy Demel ersetzen musste, vor dem St. Pauli-Strafraum. Der zu kurze Abwehrversuch von Zambrano landete beim eingewechselten Choupo-Moting, der passte kurz weiter auf Petric. Mit einem gekonnten Schuss aus 22 Meter sorgte er für den nicht unverdienten Ausgleich und er bewarb sich für das Tor des Monats September. Euphorie im Gästeblock, Grummeln und Fluchen bei den Anhängern der Gastgeber. Es wäre aber auch zu schön für die vom HSV manchmal belächelten St. Paulianer gewesen!
Zum Abpfiff blieb es dabei: ein Remis zwischen den beiden Hamburger Vereinen. Zufriedenheit fehlte auf beiden Seiten, jeder hätte gerne volle drei Punkte mitgenommen.
Bereits am kommenden Mittwoch geht es für den FC St. Pauli auswärts gegen Borussia Mönchengladbach, der Hamburger SV empfägt zuhause Wolfsburg.
Aufstellung: Kessler, Rothenbach, Zambrano, Thorandt, Oczipka Boll, M. Lehmann, Bruns (ab 67. Bartels), Hennings (ab 74. Asamoah), Naki (ab 84. Kruse), Ebbers Gelbe Karten: Oczipka (33.), Lehmann (45.), |